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KONSUMIERE BEWUSST & KRITISCH
Kaufe nur das ein, was du wirklich brauchst. Lass dich nicht durch Trends und Werbungen beeinflussen, sondern kaufe das, was zu dir passt und dir längerfristig gefällt.
Kaufe fair fashion, wenn es mal etwas Neues sein soll. Achte hier auf soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien. Auf getchanged.net findest du viele fair fashion shops. Auch Public Eye gibt in der Broschüre "Label Dschungel" eine gute Übersicht.
ACHTE AUF DIE MATERIALIEN
Woraus besteht unsere Kleidung? Wie verschmutzen diese Materialien unsere Umwelt? Welche Materialien sind nachhaltiger? Welche Materialien eignen sich für Recycling? Tipps im Umgang mit Materialien?
Diesen Fragen sind wir mit unserer Recherche nachgegangen und haben schnell gemerkt, dass das Thema sehr komplex ist. Wir haben viel dazu gelernt und möchten euch in den folgenden Posts an den Erkenntnissen teilhaben lassen. Viele unserer Infos haben wir aus dem Buch Fashion Changers – Wie wir mit fairer Mode die Welt verändern (Pflichtlektüre für alle, die sich mit nachhaltiger Mode auseinandersetzten!).
➡️Woraus besteht unsere Kleidung? Wie verschmutzen diese Materialien unsere Umwelt?
Unsere Kleidung besteht entweder aus Chemie- oder Naturfasern. Naturfasern werden ohne synthetische Prozesse weiterverarbeitet: Dazu Pflanzenfasern, Tierfasern und Mineralische Fasern wie z.B. Baumwolle, Leinen, Hanf, Schurwolle, Kaschmir und Seide. Der immense Wasserverbrauch sowie Wasser- und Bodenverschmutzung durch die Nutzung von Pestiziden ist bei der Baumwollproduktion besonders hoch. Auch die Verarbeitung von tierischen Fasern ist im Bezug auf Tierschutz nicht unproblematisch. Nur weil eine Faser also natürlich ist, heisst dies nicht, dass deren Produktion und Weiterverarbeitung auch nachhaltig ist. 75 % der weltweit hergestellten Kleider bestehen aus Chemiefasern. Diese werden im Unterschied zu Naturfasern in einem chemischen Prozess künstlich hergestellt. Diese lassen sich in natürliche und synthetische Polymere unterteilen. Die natürlichen Polymere (z.B. Lyocell, Viskose, Modal) werden in der Natur (z.B. aus Holz, Milch oder Sojabohnen) gewonnen, sie werden auch Cellulose genannt und sind biologisch abbaubar. Die synthetischen Polymere (z.B. Polyester, Polyamid) bestehen aus Erdöl oder Erdgas und sind nicht biologisch abbaubar und deshalb ökologisch sehr bedenklich. Alle hergestellten Chemiefasern bestehen zu 10 % aus natürlichen (Cellulose) und zu 65 % aus synthetischen Polymeren. Problematisch wird dies vor allem beim Waschgang: Wenn wir synthetische Kleidung waschen, gelangen Mikrofasern davon in die Meere oder durch Abwasser in die Böden. Kurz gesagt: Polyester ist Plastik. Und Plastik wiederum zieht andere Giftstoffe an und ist lebensbedrohlich für alle Lebewesen, die damit in Kontakt kommen. Insgesamt 35 % des Mikroplastiks in den Weltmeeren stammt von synthetischen Textilfasern, wie eine Studie der International Union of Conservation of Nature (IUCN) zeigt.
Quellen:
Jana Braumüller, Vreni Jäckle und Nina Lorenzen: Fashion Changers – Wie wir mit fairer Mode die Welt verändern können (2020: Knesebeck Verlag)
Artikel online: https://www.quarks.de/umwelt/kleidung-so-macht-sie-unsere-umwelt-kaputt/)
Artikel online: https://www.greenpeace.de/themen/endlager-umwelt/textilindustrie/zu-robust-fuer-die-umwelt
➡️Welche Materialien sind nachhaltig?
Die Annahme, dass Naturfasern nachhaltiger sind als Chemiefasern, stimmt so nicht. Die Herstellung tierischer Naturfasern geht oft mit grossem Tierleid einher, so z.B. in der Lederindustrie: Der Grossteil der Tiere wird für die Produktion von Leder getötet. Für die Herstellung von Seide werden Raupen lebend in ihrem Kokon gekocht. Viele Modelabels setzten deshalb inzwischen auf vegane Materialien. So z.B. werden Jacken vermehrt mit recyceltem Polyester statt mit Daunenfedern gefüllt. Achtung: Nur weil ein Produkt vegan ist, heisst nicht zwingend, dass es nachhaltig ist. Die Weiterverarbeitung veganer Produkte kann umweltschädliche Verarbeitungsmechanismen mit sich ziehen.
Ein Beispiel tierfreundlicher Faserherstellung: Bei der Produktion von Bio-Wolle ist das Entfernen von Hautlappen bei Schafen verboten. Ein Beispiel einer nachhaltigen, pflanzlichem Faser: Bio-Leinen, aus der Flachs-Pflanze gewonnen. Bio-Leinen stammt aus kontrolliert-biologischem Anbau. Baumwolle ist vor allem aufgrund des hohen Wasserverbrauchs sehr umweltschädlich: Die Herstellung eines Baumwollshirts verbraucht zwischen 2000 bis 20'000 Liter Wasser. Gift für die Böden sind auch die eingesetzten Pestizide, um die Baumwollpflanze vor Schädlingen zu schützen. Dies betrifft auch Menschen: Schätzungen der WHO zufolge sterben an den Folgen des starken Einsatzes von Pestiziden jährlich 10.000 bis 15.000 Menschen.
Eine nachhaltige Alternative ist Bio-Baumwolle: Für die Herstellung wird viel weniger Frischwasser benötigt, da sie häufig in Regenfeldanbau erzeugt wird und der Einsatz von Pestiziden verboten ist.
Hier ein paar Beispiele zukunftsfähigen Materialien:
Econyl: Kreislauffähiges Nylon der Firma Aquafil. Das Material wird aus Mulldeponien und Ozeanen gesammelt, so z.B. Abfälle von Fischernetzen, Stoffresten, Industriekunststoffe.
ECOVERO™: Viskosefaser von der Firma Lenzing. Die Fasern werden aus Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen. 50 % geringere Emissions- und Wasserverbauch gegenüber konventioneller Viskose.
Kork: Material aus Korkbaum, biologisch abbaubar.
Lyocell: Innovative Zellulose-Regeneratfaser aus Eukalyptus und anderen Holzarten. Erdölfrei und biologisch abbaubar. Das bekannteste Lyocell stammt von der Firma Lenzing und nennt sich TENCEL™.
Es gibt auch immer mehr innovative, natürliche Fasern wie z.B. folgendes:
Bananatex ©: Das Schweizer Taschen- und Accessoires Label Qwestion hat dieses Gewebe aus Bananenpflanzen entwickelt und es ist vollständig biologisch abbaubar.
Quelle:
Jana Braumüller, Vreni Jäckle und Nina Lorenzen: Fashion Changers – Wie wir mit fairer Mode die Welt verändern können (2020: Knesebeck Verlag)
Artikel online: https://www.quarks.de/umwelt/kleidung-so-macht-sie-unsere-umwelt-kaputt/)
➡️Welche Materialien eignen sich für Recycling?
Es scheint so sinnvoll, aus den Massen an Altkleidern in einem Recyclingverfahren Neue herzustellen. Dies hat die Textilindustrie natürlich erkannt und setzt dies gekonnt als Marketingstrategie ein. Bei Textilien aus Recyclingfasern besteht das Ausgangsmaterial aber meist nicht aus gebrauchten Kleidern, sondern aus Abfällen wie Flaschen, Teppiche oder Schnittreste. Wichtig zu wissen ist: Damit aus alter Kleidung neue, recycelte Kleidung entstehen kann, braucht es Gewebe, das zu 100 % aus ein und demselben Material besteht. Die meisten Kleider aus der fast-fashion Industrie bestehen jedoch aus Mischgeweben, was das Recyclingverfahren immens erschwert.
Auch die Altkleidersammlung ist Recycling. Einerseits schont dies Ressourcen, weil Kleider im Umlauf bleiben, andererseits hat sich das Geschäft mit Altkleidern als sehr lukrativ etabliert und ist deshalb auch kritisch zu hinterfragen. Von den rund 10 kg Kleidern, die wir durchschnittlich pro Kopf im Jahr konsumieren, landen 6 - 7 kg in Altkleidersammlungen, das sind jährlich 50‘000 Tonnen an gebrauchter Kleidung, die von den grossen Altkleidersammlungen Texaid und Tell-Tex eingesammelt werden. In der Schweiz werden etwas mehr als 66 % der gesammelten Altkleider nach Afrika, Osteuropa und dem nahen Osten abgegeben. Etwa 10 % wird verbrannt. Der Rest wird in Recyclinggarne oder Putzlappen verarbeitet. Der Altkleidermarkt schafft in vielen Ländern auch Stellen, wovon die lokale Bevölkerung profitiert. Das Argument, dass Altkleider aus Europa die afrikanische Kleiderindustrie kaputt machen, stimmt nur bedingt. Es stimmt zwar, dass in vielen afrikanischen Ländern die eigene Textilproduktion in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Einen viel grösseren Einfluss als die Altkleider hat hier jedoch billig hergestellte fast-fashion Mode aus Asien.
Sehr problematisch sind Grosskonzerne, die mit Recycling werben. So z.B. kann bei H&M gebrauchte Kleidung gegen einen Gutschein wieder zurückgebracht werden. Der Grosskonzern verspricht, die Kleidung im Umlauf zu halten und zu recyceln. Die Realität ist davon aber weit entfernt.
Fazit: Kleider Recycling bleibt eine sinnvolle Idee, ist aber praktisch noch sehr schwierig umzusetzen. Am nachhaltigsten bleibt es also, die bereits gekauften Kleidungsstücke länger zu tragen und beim Kauf von neuen Kleidungsstücken darauf zu achten, dass sie aus reinen Materialien bestehen oder die Materialmischungen aus entweder vollständig natürlichen oder synthetischen Fasern bestehen.
Es gibt einige Beispiele von Recyclingfasern, die aber immer auch ökologische Nachteile mit sich bringen. Gerne stellen wir sie euch hier kurz vor:
Mechanisch recycelte Baumwolle
+bewährtes, sauberes Verfahren mit guter Ökobilanz
- Qualität der Fasern leidet, lässt sich nur mit Zusatz von Neuware verarbeiten
Chemisch recycelte Baumwolle (Viskose-oder Lyocell Faser)
+ spart Holz als Rohstoff ein. Sinvolle Abfallverwertung
- Veraltete Fabriken belasten Umwelt massiv mit giftigen Abwasser und Dämpfen
Recycling Polyester (geschmolzene PET Flaschen)
+ sinnvolle Abfallverwertung, gute Energiebilanz, kaum Wasserverbrauch
- Gibt Mikroplastik ab beim Waschen. Gefahr besteht, dass PET-Flaschen extra für dieses Recycling Verfahren nach Asien geschickt werden, anstatt wesentlich ökologischer hier mehrmals zu verwenden.
Chemisch recyceltes Polyester (Kunststoff wird in Grundbausteine zerlegt)
+ Geringer Wasser- und Energieverbrauch
-Aufwendiger und schwieriger Prozess. Sehr teuer. Gibt Mikroplastik beim Waschen ab.
Quellen:
Fashion Changers
Einfach Anziehend
https://www.srf.ch/news/wirtschaft/textil-recycling-kleider-machen-abfallberge
https://www.umweltnetz-schweiz.ch/themen/konsum/2916-das-gesch%C3%A4ft-mit-kleiderspenden.html
➡️Unsere Tipps im Umgang mit Materialien
Die Recherche zum Thema „Materialien“ und welche davon nachhaltiger sind, hat uns viel gelehrt, aber auch wie so oft neue Fragen aufgeworfen. Das Thema ist komplex und nicht mit ein paar Posts beantwortet. Den einen richtigen, nachhaltigen Konsum gibt es nicht. Jede Faser, aus der unsere Kleidung besteht, hat Vor- und Nachteile. Natürlich gibt es (wie in den letzten Posts ausführlich beschrieben) Materialien, die grundsätzlich nachhaltiger sind als andere. Aber auch ein Tencelkleid, dessen Herstellung ökologischer ist als diejenige von herkömmlicher Baumwolle, ist nicht nachhaltig, wenn es im Kleiderschrank verstaubt. Ebenso wenig nachhaltig ist es, alle bereits gekauften Polyester basierten Blusen in den Müll zum schmeissen aufgrund des Mikroplastiks und dafür viele neue Bio-Baumwolle T-Shirt zu kaufen.
Um den nachhaltigen Kleiderkonsum zu fördern, braucht es mehrere Initiativen, Forschungsteams, kreative Menschen und ganz viel Aktivismus. Es ist wichtig, dass Kleider durch Secondhandshops länger im Umlauf bleiben. Ebenso wichtig ist es, dass es Unternehmen gibt, die sich der Herstellung von fairer und ökologischer Mode annehmen. Und natürlich sind auch neue Konsummuster wie das Tauschen oder Leihen von Kleidung für diesen Prozess sehr wichtig.
1. Achte beim Kauf von Kleidungsstücken darauf, dass sie aus reinem Material bestehen. Wenn es Materialmischungen enthält, sollten diese entweder vollständig auf natürlichen oder synthetischen Fasern bestehen. Denn so sind sie recycelbar.
2. Kleider aus nachhaltigeren Materialien und Verarbeitung halten oft länger: Bio-Baumwolle, Bio-Leinen, Hanffasern, Ecovero, Lyocell (Tencel).
3. Meide es, neue Kleider aus Polyester und anderen plastikbasierten Materialien zu kaufen: Sie sind schwer recycelbar. Außerdem wird Kunststoff aus Erdöl hergestellt, und die Gewinnung des Rohstoffs ist ökologisch sehr bedenklich. Außerdem geben sie beim Waschen Mikroplastik ab.
4. Ein Bio-Baumwolle T-shirt ist nicht zwingend nachhaltiger als eine Nylon Leggins, wenn du es nur einmal trägst!
Deshalb der allerwichtigste aller Tipps: Kaufe weniger neu. Überlege dir, was dir wirklich gefällt und wie lange es wohl so bleiben wird. Trage Sorge zu der Kleidung, die du hast.